Eins, zwei oder drei

Am 20.03.2013 hat vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof der Prozess um den möglichen Bau einer 3. Startbahn am Münchener Flughafen begonnen. Die wirtschaftlichen Hintergründe erscheinen dabei mehr als nur fraglich.

Von Stefan Nocon,

Ein Zwischenbericht des FSM-Ausschusses „Keine dritte Startbahn/Flughafen“

Im Juni 2012 haben sich die Einwohner Münchens in einem Bürgerentscheid gegen den Bau der dritten Start- und Landebahn am Münchner Flughafen ausgesprochen. Seitdem hat diese Entscheidung eine bindende Wirkung für die bayerische Landeshauptstadt, die mit 23 Prozent der Anteile neben dem Freistaat Bayern (51 Prozent) und der Bundesrepublik Deutschland (26 Prozent) Gesellschafter der Flughafen München GmbH (FMG) ist.

Obwohl der Anspruch des Bürgerentscheids rein rechtlich nach zwölf Monaten verfällt, haben sich Oberbürgermeister Christian Ude und ein Großteil der im Stadtrat vertretenen Parteien dafür ausgesprochen, sich auch über diesen Zeitraum hinaus dem Votum zu verpflichten. Die Entscheidungen im Gremium der Gesellschafter müssen jedoch einstimmig erfolgen. Während sich Land und Bund für den Bau der neuen Runway aussprechen, wäre der Ausbau durch die Ablehnung Münchens im Sinne eines Vetos vorerst gestoppt, wohl aber nicht verhindert. Eine endgültige Entscheidung soll der am 20. März 2013 begonnene Prozess vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) bringen. Verhandlungsgegenstand ist der vor fast zwei Jahren von der Regierung von Oberbayern erlassene Planfeststellungsbeschluss für das Bauvorhaben, dessen Rechtmäßigkeit überprüft werden soll.

Insgesamt 20 Klagen liegen gegen das Großprojekt vor, von denen 17 im derzeitigen Verfahren behandelt werden. Kläger sind die Stadt sowie der Landkreis Freising, die Gemeinden Fahrenzhausen, Eitting, Berglern und Oberding, der Bund Naturschutz sowie einige Privatpersonen. Beklagte sind die Flughafen München Gesellschaft und die Regierung von Oberbayern. Die mündliche Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof findet voraussichtlich noch bis Ende des Jahres an zahlreichen Sitzungstagen im Vortragssaal des Amtes für Ländliche Entwicklung Oberbayern in der Infanteriestraße 1 (Eingang B), 80797 München statt und ist für jedermann öffentlich zugänglich.

Während die FMG einen Ausbau des Airports im Erdinger Moos aufgrund von zunehmenden Engpässen bei den Start- und Landungen und einem wachsenden Bedarf an Flugreisen für unumgänglich hält, erzählen die Zahlen der aktuellen Flugbewegungen eine andere Geschichte. Betrachtet man sich die Zahlen der vergangenen 13 Jahre, wird deutlich, dass die Fluggastzahlen stetig steigen, die Nachfrage nach Flugreisen also tatsächlich besteht. Aus wirtschaftlichen Gründen setzten die Fluggesellschaften jedoch vermehrt größerer Maschinen mit erhöhter Flugkapazität ein, wodurch die tatsächlichen Flugbewegungen spürbar sinken, wie die beiden Abbildungen deutlich machen.

Lag das Maximum der Starts und Landungen 2008 zwischenzeitlich noch bei 432.000, so ist man 2012 mit 398.000 etwa beim Stand von 2005 angekommen (s. Tabelle). Der große Drang nach Mobilität und die im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln aktuell noch moderaten Preise lassen die Nachfrage nach Flugreisen wohl weiterhin steigen. Langfristig wird sich die Preispolitik der Flugreiseanbieter jedoch ändern, die Kosten pro Flug für die Passagiere damit ansteigen.

Da Flugzeuge mit Kerosin angetrieben werden, ist der Flugpreis vom Ölpreis abhängig. Dies hat in dreifacher Hinsicht Auswirkungen auf die Kostenkalkulation: Wie auch in der Automobilbranche wird der Preis für Kerosin, Benzin und Diesel in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage an der internationalen Rohstoffbörse ermittelt. In Form eines sogenannten Oligopols stehen beim Handel um Rohöl jedoch viele Nachfrager wenigen Anbietern – Erdölfördergesellschaften wie „British Petroleum“ (BP), „Exxon“ (Esso) oder „Shell“ oder auch Anbietergemeinschaften wie die OPEC – gegenüber. Rohöl ist also ein Spekulationsobjekt, dessen Preis mit zunehmender Nachfrage in Zeiten einer boomenden Weltwirtschaft steigt.

Entwicklung des Rohölpreises der Sorte „WTI“ in US $ der letzten 5 Jahre (Weblink).

Zudem ist unklar, wie lange die Rohölwirtschaft den bestehenden Bedarf noch decken kann. Verfechter der sogenannten PEAK-OIL These gehen davon aus, dass der Zeitpunkt der größten Fördermenge bereits überschritten ist und es zukünftig zu einer immer geringeren Förderung kommt. Vor diesem Hintergrund werden gerade Billigfluglinien ihr Angebot nicht dauerhaft aufrecht erhalten können. Ein weiterer Aspekt, den die Regierung zukünftig wohl berücksichtigen muss, ist die Tatsache, dass Flugbenzin im Gegensatz zu Automobiltreibstoff nach wie vor international nicht besteuert wird. Im Sinne des wachsenden gesellschaftlichen Bewusstseins für den Schutz der Umwelt und der Erhalt der Natur wäre eine Anpassung der Steuerpolitik notwendig.

Aktuelle Informationen über den Stand der Verhandlung vor dem Oberbayerischen Verwaltungsgerichtshof sowie alle Verhandlungstermine finden Sie auf der Webseite des Aktionsbündnisses AufgemuCkt www.keine-startbahn3.de.

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