Zukunftswerkstatt Freisinger ÖPNV-Konzept

Die Stadtratsfraktion der Freisinger Mitte beantragt die Etablierung eines neuen Arbeitskreises (Runder Tisch) in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken, der die Themen gewinnbringend diskutiert und eine Prioritätenliste der erarbeiteten Maßnahmen erstellt.

Mit diesem Antrag möchte die FSM erreichen, dass das überaus wichtige Thema „Öffentlicher Nahverkehr“ nicht zu einem reinen Wahlkampfthema verkommt, sondern ein Dialog entsteht, in dem alle Beteiligte gemeinsam eine sachorientierte Diskussion mit vielen und weitreichenden Ergebnissen führen.

Das übergeordnete Ziel sollte sein, einen effizienten Freisinger Busverkehr zu konzipieren und umzusetzen, der wesentlich mehr Freisingerinnen und Freisinger dazu bewegt, auf das eigene Auto zu verzichten und in den Bus umzusteigen. Das würde nicht nur das Straßennetz entlasten, sondern auch einen Gewinn für die Umwelt darstellen.

Die Stadtwerke selbst arbeiten bereits ständig und erfolgreich an Verbesserungen. Als gewählte Vertreterinnen und Vertreter wollen wir nun zusätzlich im politischen Diskurs die Zukunftsthemen erörtern, um zukunftsweisende Entscheidungen treffen zu können. Als Zeitpunkt der Etablierung dieser Projektgruppe empfehlen wir Frühjahr/Sommer 2019.

Zu diskutierende Themen könnten folgende sein:

  1. Digitale Informationssysteme an den Haltestellen
  2. Prüfung der Streckenführung
  3. Verkürzung und Anpassung von Takten
  4. Ausbau und/oder Verlegung des Busbahnhofes
  5. Unterführung „Bahnhof Süd“ für Busse, Fußgänger und Radfahrer
  6. System Innenstadtlinie: Ausweitung auf Parkhäuser?
  7. Kostenfreiheit der Innenstadtlinie?
  8. Kostenfreiheit des gesamten Freisinger Busnetzes?
  9. Werbeplattform der Busse
  10. Bewerbung der Ergebnisse (Takte, Linien, Preise)

(Anmerkung: Folgende Punkte stellen nicht die „unabrückbaren“ Forderungen der Freisinger Mitte dar, sondern sollen als Grundlage für eine breite Diskussion dienen. Wir denken jedoch, dass ein positiver und spürbarer Erfolg nur dann eintreten wird, wenn die Änderungen möglichst weitreichend und groß sein werden. Kleine Verbesserungen werden von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen und können nur unzureichend eine fehlende Gesamt-Konzeption ersetzen.)

Digitale Informationssysteme an den Haltestellen

Die Einführung von digitalen real-time-Informationssystemen führt nicht nur zu einer deutlich erhöhten Zufriedenheit der Kunden, sondern mittelfristig auch zu erhöhten Passagierzahlen (Smith et al., 1994; Schweiger, 2003; Cats & Loutos, 2015). Die Stadt Freising stellt bisher an keiner Bushaltestelle - auch nicht am zentralen Bahnhof - digitale real-time-Informationssysteme zur Verfügung. Die Passagiere sind somit darauf angewiesen, sich vor Ort über Aushängeblätter oder durch Einsatz von Apps zu informieren, wobei Ersteres für darauffolgende Umstiege keine weiteren Fahrtauskünfte geben kann. Eine andere Möglichkeit bietet das Bus-Heft der Stadtwerke, in dem zwar alle Fahrtzeiten aufgeführt sind, welches aber zeitraubend zu lesen und immer mitzuführen ist. Real-time-Informationssysteme lösen alle genannten Probleme mit einem Schlag. Zudem sind spontane Änderungen und zeitliche Verzögerungen (Stau, Unfälle, …) integrierbar, was einer der Grundlagen für sogenannte „resiliente Transportsysteme“ ist (Tamvakis & Xenidis, 2012). Die Freisinger Mitte fordert daher, im Arbeitskreis zu diskutieren, ob (i.) eine Einführung von digitalen real-time-Informationssystemen unter Abwägung aller Belange (Kosten, Knowhow, Vandalismus, …) sinnvoll ist, (ii.) ob alle Haltestellen oder nur wichtige Punkte wie der Bahnhof umgerüstet werden sollen und (iii.) welche ersten Schritte und Kontakte für eine erfolgreiche Umsetzung eingeleitet werden müssen.

(Cats, O. & Loutos, G. (2015) Real-Time Bus Arrival Information System: An Empirical Evaluation. Journal of Intelligent Transportation Systems 20:138-151. Schweiger, C. L. (2003) Customer and media reactions to real-time bus arrival information systems. In Real-time Bus Arrival Information Systems. Transportation Research Board, 24-27. Smith, R., Atkins, S., & Sheldon, R. (1994) London transport buses: ATT in action and the London countdown route 18 project. Proceedings of the First World Congress on Applications of Transport Telematics and Intelligent Vehicle-Highway-Systems 6. Transportation Research Bord. Tamvakis, P. & Xenidis, Y. (2012) Transport Research Arena - Europe 2012. Resilience in transportation systems. Procedia - Social and Behavioral Sciences 48:3441-3450.)

Prüfung der Streckenführung

Derzeit befahren 13 Bus-Linien das unmittelbare Stadtgebiet und decken dieses auch umfassend ab. Dennoch sind vereinzelt einige größere Viertel und Bereiche vom Bus-System isoliert, d.h. die tatsächliche Wegstrecke (nicht Radius!) zur nächsten Bushaltestelle übersteigt 250 Meter (z.B. Gebiet Mauermayrstraße, Neustift zwischen Lankesberg und Sternschule, Seilerbrückl-Ost, Vogelherd, Kulturstraße). An einigen Stellen ergeben sich trotz günstig gelegener Haltestellen dennoch zu lange Fahrtzeiten, weil die Linie nicht direkt zu wichtigen Stationen fährt (Gebiet Steinpark, im Vergleich zum Auto deutlich längere Fahrtzeiten mit Bus 621/620 zum Bahnhof). Dies trifft auch dann zu, wenn Busse an vereinzelten Haltestellen nur einseitig verkehren (so kommen Studenten vom Wohnheim III nicht zur Universität, weil die Linie 639 nur zum Bahnhof fährt; dasselbe gilt für die Verbindung Stadtfriedhof-Bahnhof). Das größte Problem bezüglich der Streckenführung betrifft jedoch die Verbindung zwischen Lerchenfeld und den nördlichen Stadtteilen sowie das Fehlen eines Ringschlusses - derzeit müssen stets Umstiege durchgeführt werden, die mancherorts dazu führen, dass die Wartezeiten länger sind als die Fahrtzeiten selbst. Unseres Erachtens liegt die Hauptproblematik dieser Fälle darin, dass das Bus-System der Stadt Freising allmählich in separaten Schritten gewachsen und der ursprünglichen Konzeption entwachsen ist. Die Freisinger Mitte fordert daher auf, im Arbeitskreis zu diskutieren und mit computergestützten Methoden in Erfahrung zu bringen, welches ganzheitliche Linien- und Strecken-Angebot das bestehende Straßennetz optimal nutzt und so viele Personen wie möglich in alle Richtungen transportiert (Wohngebiete mit hohen Dichten, öffentliche Einrichtungen, Schulen & Universität, …). Darauf aufbauend soll erörtert werden, welche Maßnahmen unter Abwägung aller Belange (v.a. Anzahl der benötigten Busse und Kosten) in naher Zukunft durchgeführt werden müssen, um eine Umstellung und Ergänzung von Linien zu realisieren.

Verkürzung und Anpassung von Takten

Derzeit sind die Takte der Busse in vielen Fällen nicht an den Bahnverkehr angepasst, sodass sich unerwünscht hohe Wartezeiten oder knapp verpasste Anschlussfahrten ergeben. Oftmals ist der Takt an den Bahn-Anschluss auch so eng, dass er real nicht eingehalten kann, weil Verspätungen von ein paar Minuten beim Bus nicht zu verhindern sind (z.B. Ankunft 639 am Bahnhof). In anderen Fällen hingegen verkehrt der Bus insgesamt in einem deutlich zu geringem Takt (z.B. 1-Stunden Takt der Linie 633), sodass hier ein Großteil der Bahn-Verbindungen als Optionen für den Passagier wegfällt. Auch zwischen den einzelnen Buslinien ist ein angepasster Takt wünschenswert - so muss man von der Universität kommend stets über den Bahnhof fahren, weil die Querverbindung nach Norden über einen Umstieg von 639 auf 620 (Stadtwerke, AOK) nicht eingehalten werden kann. Die Freisinger Mitte fordert daher auf, auf Grundlage der bestehenden Bahn-Zeiten und eines neu konzipierten Linien-Konzepts optimierte Taktungen für den Tagesverkehr mit computergestützten Verfahren zu erarbeiten. Darauf aufbauend soll erörtert werden, ob unter Abwägung aller Belange (v.a. Anzahl der benötigten Busse und Kosten) eine Umstellung und Ergänzung von Linien in naher Zukunft durchgeführt werden kann. Für ein effizientes Transport-System sieht die Freisinger Mitte mittel- bis langfristig das bildliche Ziel, dass eine Person ohne Kenntnis der Fahrtzeiten zur nächsten Bushaltestelle gehen kann, da im Abstand von maximal 10 Minuten immer ein Bus abfährt.

Bauliche Maßnahmen: Bahnhofsplatz, Busbahnhof

Derzeit ist die bauliche Situation des Bahnhofsplatzes nicht optimal an den Umstieg zwischen dem Stadtbusverkehr und dem Regionalbus- und Zugverkehr angepasst. So ist der Abstand zwischen Stadtbus- und Regionalbusplatz mit etwa 200 Metern deutlich zu lang. Da die S-Bahnen nur am nördlichen Ende des Bahnsteigs zum Einstieg bereitstehen, muss hier ebenfalls eine Strecke von etwa 120 Metern zurückgelegt werden. Der Busbahnhof ist außerdem mittlerweile viel zu klein und bedarf dringend einer Erweiterung. Am jetzigen Standort scheint das nicht machbar. Es ist zu prüfen, ob eine Erweiterung auf der anderen Seite der Schienen Sinn macht oder ob es nicht generell einen besseren Platz dafür gäbe. Könnte es auch sinnvoll sein, den vielen Pendler aus dem Freisinger Norden einen Parkplatz und einen Busbahnhof knapp außerhalb der Stadt anzubieten? Auf diese Weise könnte man enorm viele Autos aus der Stadt heraushalten.

Bauliche Maßnahmen: Bus-Tunnel nach Lerchenfeld

Die schneidende Wirkung der Bahn-Trasse verhindert, dass eine Durchfahrt zwischen Lerchenfeld und den nördlichen Stadtteilen direkt erfolgen kann, ohne einen zeitraubenden Umstieg durchführen zu müssen. Die Freisinger Mitte fordert daher auf, in dem Arbeitskreis zu diskutieren, wie ein Bus-Tunnel unter den Bahn-Trassen in das Konzept implementiert werden kann. Darauf aufbauend soll erörtert werden, welche Maßnahmen unter Abwägung aller Belange (Kosten, Grundstücksverhandlungen mit der Deutschen Bahn, …) eingeleitet werden müssen, um eine tatsächliche Planungsfähigkeit zu erlangen. Die neue Unterführung sollten, wenn möglich, zudem auch Fahrradfahrer und Fußgänger nutzen können.

Innenstadtlinie: Ausweitung auf Parkhäuser

Aktuell verbinden die Innenstadtbusse den Bahnhof mit der Innenstadt. Das generelle Ziel der Stadt Freising ist aber, gerade nach dem Innenstadtumbau zusätzliche Gäste/Kundschaft aus der näheren und weiteren Umgebung in die Innenstadt zu ziehen. Diese kommen normalerweise mit dem Auto nach Freising und parken in einem der Parkhäuser. Von dort müsste man nun die Gäste schnell und unkompliziert direkt ins Zentrum bringen. Es ist zu prüfen, ob man die Innenstadtlinien um Haltestellen an den Parkhäusern erweitern kann.

Kostenfreiheit der Innenstadtlinie

Um möglichst viele Gäste aus der Umgebung aber auch Bewohner der Stadt selbst unkompliziert und komfortabel in die Innenstadt zu bringen, muss geprüft werden, ob die Benutzung der Busse in der Innenstadt kostenfrei anbietbar sind. Dies verlangt selbstverständlich auch eine Diskussion mit den jeweiligen Vertretern übergeordneter Entscheidungsträger (MVV). Auch die Stadt soll prüfen und diskutieren, wie die entgangenen Einnahmen aufzubringen sind.

Kostenfreiheit des gesamten Freisinger Busnetzes

Kleine Schritte sind wichtig, aber für den richtig großen Wurf sind auch große Veränderungen notwendig. Wenn man das gemeinsame Ziel hat, Freising zur Stadt des öffentlichen Nahverkehrs zu machen (und nicht zur Autostadt), ist ein großer Schritt notwendig. Andere Städte haben diesen Schritt gewagt und auch bewiesen, dass es möglich ist, die Bürger zum Umstieg auf den Bus zu bewegen. Dies kann mit lediglich einer Optimierung des Taktes und des Streckennetzes nicht erfolgen. Um den Wünschen der Bürger und dem Umweltschutz gerecht zu werden, sind alle Maßnahmen gleichermaßen notwendig. Wir können uns vorstellen, auch über die generelle Kostenstruktur zu diskutieren. Ziel sollte sein, dass das Busfahren so einfach und unkompliziert wie möglich wird. Eventuell könnte eine billige Jahreskarte helfen oder der generell billige Fahrpreis von 1 Euro, egal wo eine Person zusteigt und aussteigt. Der „ganz große Schritt“ wäre allerdings die generelle Kostenfreiheit des Freisinger Busnetzes. Wir sind uns aber bewusst, wie schwierig dieses Problem mit höher gestellten Entscheidungsträgern zu realisieren wäre. Gerade deshalb sind bei den Diskussionen alle Beteiligten einzugliedern.

Werbeplattform der Busse

Aktuell werden die Außenflächen der Busse von Firmen mit Werbung beklebt. Die Busse haben daher alle ein unterschiedliches Erscheinungsbild und sind so nicht auf den ersten Blick als „Freisinger Busse“ erkennbar. Gerade die neuen, kleineren Busse in der Innenstadt sind kaum unter einem eigenen CI erkennbar. Der Akzeptanz des Öffentlichen Nahverkehrs wäre es dienlich, alle Busse klar als „Freisinger Busse“ zu branden. Die Werbeeinnahmen würden zwar geringer ausfallen, aber der Werbeeffekt und die Identifizierung mit Freising und für das Freisinger Busnetz wäre - so denken wir - somit erhöht.

Bewerbung der Ergebnisse

Sollten uns allen gemeinsam am runden Tisch große Neuerungen und Weiterentwicklungen gelingen, die zum Ziel hätten, noch wesentlich mehr Freisingerinnen und Freisinger auf den Bus umsteigen zu lassen, müssten diese Neuerungen großflächig und anhaltend bewerben werden. Die Stadt sollte als Diskussionspartner hierfür einschätzen, auf welche Art und Weise ausreichend Mittel in den nächsten Jahren zur Verfügung gestellt werden können.

Freising, Juni 2019
Reinhard Fiedler, Fraktionsvorsitzender der Freisinger Mitte
Katrin Stockheim, Stadträtin der Freisinger Mitte
Aleks Janjic, FSM-Vorstandsmitglied

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