Transgourmet in Freising

Mit 9 zu 5 Stimmen sprach sich der Planungsausschuss der Stadt Freising gestern weiterhin für eine Ansiedlung des Lebensmittelgroßhändlers Transgourmet im Gewerbegebiet Clemensänger aus. Eine Entscheidung, die sehr ambivalent diskutiert wurde und in den vergangenen Wochen und Monaten die Bürgerschaft bewegt hat. Ein Überblick.

Von Franz Bernack,

Transgourmet, so scheint es, schmeckt vielen Lerchenfeldern nicht. Die städtebaulichen Auswirkungen seien zu immens, der Verkehr – und damit die Lärm- und Schadstoffbelastung - nähme drastisch zu und man könne schließlich ein Grundstück nicht nur des Geldes wegen verkaufen. Andererseits kolportieren Befürworter des Projekts, das Gewerbegebiet liege seit Jahrzehnten brach, die Stadt Freising habe viele große Chancen, die Flächen gewinnbringend und nachhaltig zu veräußern, in den Wind geschlagen und man müsse sich dringend Gedanken über die Finanzlage der Stadt machen.

Auch innerhalb der Freisinger Mitte wurde und wird das Projekt intensiv und kontrovers diskutiert. Gleich drei der sechs Vereinsaussschüsse (Stadtentwicklung, Verkehr & Energie / Umwelt & Keine 3. Startbahn / Wirtschaft & Finanzen) hatten das Thema mehrfach auf der Agenda. In Vorstandssitzungen sowie Fraktionssitzungen wurden die unterschiedlichen Aspekte beleuchtet und Meinungen ausgetauscht. Insbesondere aus Belangen der Umwelt sowie des Städtebaus stehen einige Vereinsmitglieder dem Vorhaben negativ gegenüber. In einer Grundsatzentscheidung zum Projekt im vergangenen Herbst jedoch stimmte die Fraktion der Freisinger Mitte für das Vorhaben.

Es folgt eine Stellungnahme der Stadtratsfraktion in der Bestrebung, anhand der vorliegenden Fakten und Historie einen Beitrag zu einer Beurteilung des Projekts zu leisten und den Entscheidungsfindungsprozess innerhalb der Fraktion zu beleuchten.

Der Europäische Technologiepark

Das Gewerbegebiet Clemensänger untergliedert sich in zwei Bereiche bzw. Bebauungspläne, einen im westlichen Teil und einen im östlichen. Letzterer ist es, dessen Festsetzungen durch eine mögliche Ansiedlung von Transgourmet berührt würden. Der Bebauungsplan des westlichen Abschnitts ist seit 1998 rechtskräftig, wohingegen „Clemensänger II Ost“ seit 2004 gültig ist. Beide Bebauungspläne basieren auf der 1993 vorgestellten Wettbewerbsarbeit „Gebaute Landschaft“ von Prof. Hermann Hertzberger. Der nahm die insbesondere südlich der Autobahn verlaufenden Grenzen zwischen den einzelnen Angern in der Struktur der senkrecht im Gewerbegebiet verlaufenden Straßen auf. Daneben sah Hertzberger eine Gebäudelandschaft vor, die wellenartig, zur Autobahn hin an Größe zunehmend und mit üppiger Dachbegrünung versehen im Ganzen eine „gebaute Landschaft“ darstellen sollte. Gewünscht habe man sich als Freisinger freilich keine Logistiker im Gewerbegebiet, vielmehr innovative Betriebe sollten es sein, die das Areal zu einem bedeutsamen Technologiepark avancieren lassen.

Nun sind, knapp 18 Jahre nach „Inbetriebnahme“ des Gewerbegebiets, 15 Gebäude im westlichen Abschnitt errichtet und etwas mehr Unternehmen dort angesiedelt, darunter ein Baumarkt, ein Fortbildungszentrum, ein Fast-Food-Restaurant, eine Autowerkstatt, ein Autoersatzteil-Händler, eine Spielothek, ein Discounter, zwei Sanitär-Fachmärkte, ein Baustoffvertrieb sowie der Stammsitz der Kreishandwerkerschaft Freising. Jüngster Zuwachs im Gebiet ist eine Waschstraße, demnächst baut die Brauerei Weihenstephan dort ein Verteilungslager für Getränke und ein Unternehmen aus dem Automotive-Bereich errichtet am westlichen Ende des Gewerbegebiets eine kleine Niederlassung.

Der westliche Bebauungsplan wurde in den vergangenen Jahren dreimal geändert, um den Bedürfnissen der jeweiligen Nutzer Rechnung zu tragen. Die angedachte wellenartige Dachform wird derzeit lediglich vom Baumarkt erfüllt, eine Dachbegrünung ist nirgends vorzufinden.

Diese Entwicklung lässt darauf schließen, dass das Ziel eines Europäischen Technologieparks nur schwerlich zu erreichen ist – so lassen sich nur sehr vereinzelt Betriebe als sonderlich innovativ kategorisieren - und auch überhaupt erfolgt ein Wachstum des Gewerbegebiets nur in sehr langsamen Schritten. Die angesiedelten Betriebe weisen eine sehr heterogene Architektur auf, was Form, Größe und Gestaltung angeht, folgen jedoch im Wesentlichen der Querstraßen-Struktur (mit Ausnahme des Baumarktareals).

Planungsstand Transgourmet, Fink-Magazin/Stadtplanungsamt Freising

Eine Ansiedlung durch Transgourmet löst den östlichen Bebauungsplan in dessen Struktur weitgehend auf, macht also eine Änderung dessen erforderlich. Aufgrund des großen Gebäudekörpers (im Endausbau 275x90 Meter, vorerst 225x90 Meter) ist die ursprüngliche Gestaltungsidee nicht zu realisieren, da dieser parallel zur Autobahn liegt und mehrere der angedachten Bauflächen einnimmt. Westlich und östlich des Gebäudes ist je ein Parkplatz für Mitarbeiter angedacht, im Norden zum Südring hin eine üppige Begrünung. Das Unternehmen würde der Stadt Freising die benötigten Flächen zum Listenpreis abkaufen, was Einnahmen im unteren zweistelligen Millionenbereich bedeuten würde.

Fazit

Eine kleinteilige Struktur würde durch Transgourmet im östlichen Bereich des Gebiets hinfällig. Andererseits wird durch die Ansiedlung eines einzelnen, großen Betriebs einer weiter wachsenden eher uneinheitlichen Architektur im Bereich entgegengewirkt. Ein wirklicher „Qualitätverlust“ hinsichtlich der Art der Betriebe erscheint nur bedingt einzutreten, so sind die meisten der angesiedelten Unternehmen eher weniger fortschrittlicher Natur. Transgourmet ist immerhin ein deutschlandweit angesehener Lebensmittel-Großhändler, der auch etliche Kunden in Freising beliefert.

Das Gebäude und die Fassade

„Transgourmet sprengt den Rahmen“, zitierte kürzlich eine Lokalzeitung einen von der Stadt beauftragten Gestaltungsbeirat, der sich im gleichnamigen Gremium mit der geplanten Gestaltung der Freisinger Niederlassung des Unternehmens auseinandersetzte. Diese Einschätzung lässt sich nicht verhehlen, setzt sich das Gebäude tatsächlich über die angedachten kleinteiligen Baugrenzen des östlichen Gebietabschnitts hinweg. Mit 275x90 Metern Größe wäre das Transgourmet-Gebäude das flächenmäßig größte Gebäude des Stadtgebiets. Mit einer Firsthöhe von 16,25 Metern jedoch kaum höher als zum Beispiel das Hagebau-Gebäude, wenngleich dies freilich aufgrund der wellenartigen Dachstruktur diese Höhe nicht durchgehend erreicht. Das oftmals zum Vergleich herangezogene Hartl-Gebäude in der Münchner Straße ist etwa 13-14 Meter hoch (180x50 Meter groß). Ursprüngliche Planungen, auf dem Dach wiederum hohe Lüftungs- und Kühlanlagen aufzubringen, wurden nun abgeändert. Aufbauten werden auf abgesenkten Teilen des Daches platziert, sodass die erlaubte Höhe von 16,25 Metern nicht überschritten wird.

Schwarzplan

Zur Beurteilung des Einflusses von Gebäudekörpern auf die Stadtmorphologie wird häufig das Instrument des Schwarzplans herangezogen. Dieser zeigt einen ausgewählten Planabschnitt reduziert auf die Gebäude. Auf die Darstellung weiterer plantypischer Elemente, wie Straßen, Gewässer, Höhenentwicklungen oder Vegetation, wird dabei verzichtet.

Im folgenden Schwarzplan von Freising wurde die Bebauung von Transgourmet entsprechend dem aktuellen Planungsstand eingezeichnet.

Für den direkten Vergleich sind hier im gleichen Maßstab beispielhaft die Kartenausschnitte zum Gewerbgebiet Clemensänger inklusive der geplanten Transgourmet-Bebauung, das Schlüter-Areal sowie der Osten Lerchenfelds mit HAWE und Texas Instruments aufgezeigt.

Gewerbegebiet Clemensänger mit Transgourmet (rechts)

Schlüter-Areal

HAWE & Texas Instruments

Die Abbildungen wurden erstellt auf Grundlage von OpenStreetMap.org.

Von der Autobahn aus wird das Gebäude sichtbar sein, versperrt allerdings keine Blickbeziehung. Selbst in Fahrtrichtung Deggendorf ist derzeit der Domberg von dieser Stelle aus nicht zu sehen. Andersherum ist das Gebäude vom 30 Meter hohen Domberg hinter den etwa 30 Meter hohen Isarauen nicht zu erkennen. Und auch auf dem Weihenstephaner Berg sorgen Bäume vor Ort für einen Sichtschutz. Von den umliegenden Straßen her, also Ismaninger Straße und Gute Änger, wird das Gebäude sicherlich deutlich sichtbar sein, wenngleich eine umfassende Begrünung mit (zum Zeitpunkt der Pflanzung etwa 12 Meter hohen Bäumen) geplant ist. Auch eine Fassadenbegrünung wurde von Transgourmet nicht ausgeschlossen, eine Dachbegrünung ist geplant. Schöner wäre es freilich, würde eine Fassade gar nicht erst versteckt werden müssen. So legte das Unternehmen dem städtischen Gestaltungsbeirat, der sich regelmäßig mit einer städtebaulich ansprechenden Gestaltung von Gebäudekörpern auseinandersetzt, einen Planungsentwurf vor.

Das Gebäude wird keine fensterlose Logistik-Fassade (ähnlich Dachser) bekommen. Richtung Stadt sind vielmehr Räumlichkeiten für die Verwaltung (die immerhin etwa 40 Prozent der Arbeitsplätze ausmacht) sowie Mitarbeiter-Aufenthaltsbereiche geplant. Auch wird ein Großteil der unschönen Ladebuchten auf die Südseite in Richtung Autobahn verlegt. Trotzdem fand der Entwurf der Firma nur wenig Zuspruch durch die Mitglieder des Gestaltungsbeirats. Der Grund hierfür: Das Gebäude wirkt eher konzipiert vom Standpunkt eines Logistikers, weniger gestaltet durch einen Architekten. Das Unternehmen zeigte sich jedoch offen: Für konkrete Gestaltungsvorschläge sowie den Vorschlag, die Gestaltung der Fassade in professionelle Hände zu legen. So wurde nun ein ortskundiges Architekturbüro ausgewählt, welches sich mit einer städtebaulich verträglichen Fassadengestaltung auseinandersetzen wird. In der Planungsausschusssitzung vom 23. März wurde dem Bebauungsplanentwurf vorbehaltlich der Berücksichtigung der Empfehlungen des Gestaltungsbeirats zugestimmt.

Beispielhafte Ansicht der Fassade eines Transgourmet-Gebäudes aus dem Französischen Ort Rungis (ca. zehn Meter Gebäudehöhe)

Hinsichtlich der urbanen Lage des Gebäudes gibt es unterschiedliche Überlegungen. Einerseits befindet sich das Gewerbegebiet in einer Stadtrandlage zur abgrenzenden Autobahn hin. Andererseits ist ein weiteres Zusammenwachsen von Lerchenfeld und Attaching absehbar, sodass hier ein Areal betrachtet wird, welches einen Übergang zwischen zwei Ortsteilen markiert sowie auch einen Stadteingangscharakter verkörpert. Auch eine für Attaching gegebenenfalls ausgrenzende Wirkung durch einen großflächigen Gebäuderiegel ist ein zu berücksichtigender Aspekt.

Fazit

Das Gebäude wird rein flächenmäßig das größte der Stadt und die bisherigen Gestaltungsvorschläge werden eher skeptisch gesehen. Städtebaulich wird das Vorhaben sicherlich keine Bereicherung darstellen. Das Unternehmen zeigt sich jedoch offen für Anregungen zur Fassadengestaltung und Begrünung des Areals. In der Vergangenheit konnten auf diesem Wege bereits Erfolge hinsichtlich einer stark verbesserten Gestaltung gefeiert werden (z.B. Hartl-Gebäude). Wichtig ist, dass der Stadtrat hier beharrlich bleibt und dem Unternehmen klar aufzeigt, dass eine Verbesserung in diesem Bereich unumgänglich ist.

Der Verkehr

Ob Transgourmet nun ein Logistiker ist oder ein Lebensmittel-Großhändler – und wo überhaupt der Unterschied liegt, wenn ohnehin nur an- und ausgeliefert wird und ein Publikumsverkehr nicht stattfindet, darüber kann trefflich diskutiert werden. Die verkehrlichen Auswirkungen lassen sich jedoch dank eines detaillierten Geschäftsplans gründlich vorhersagen – und auch fest im Bebauungsplan verankern. Ein solcher „vorhabenbezogener“ Bebauungsplan ermöglicht eine ausführliche Festsetzung eben dieser betrieblichen Abläufe und verpflichtet das Unternehmen zur Einhaltung.

Konkret liefern (im Endausbau) wochentags 70 LKW Waren an und weitere 50 LKW Waren aus (Samstag kein Wareneingang, 20 Auslieferungen, Sonntag 20 Anlieferungen, keine Auslieferungen). Dies bedeutet 240 zusätzliche LKW-Bewegungen, die täglich auf dem Südring unterwegs sein werden. Von den ausliefernden Fahrzeugen fahren sieben LKW in Richtung der Autobahnausfahrt Freising-Ost, ein LKW, der Freisinger Kunden beliefert, in Richtung Innenstadt (über die Ismaninger Straße) und 42 LKW in Richtung Freising-Mitte.

Geplante Auslieferungsfahrten, Betriebskonzept Transgourmet

Daneben plant Transgourmet (ebenfalls im Endausbau), im Dreischichtbetrieb 300 Mitarbeiter zu beschäftigen. Im „schlimmsten“ Fall, d.h. jeder Mitarbeiter fährt im eigenen Auto zum Gelände, werden durch die Mitarbeiter also 600 weitere Fahrzeug-Bewegungen pro Tag im Gebiet verursacht.

Nach einer Verkehrszählung im Herbst 2015 fahren täglich etwa 19.000 Fahrzeuge über den Südring, davon 738 Schwerlast-Fahrzeuge (LKW, Bus, Lastzug). Somit würde Transgourmet mit insgesamt 840 Fahrzeugbewegungen eine Steigerung des Verkehrsaufkommens um 4,21 Prozent auf dem Südring verursachen. Der Anteil des Schwerlastverkehrs würde immerhin um ganze 32,5 Prozent steigen.

Laut einem Gutachten von Verkehrsforscher Prof. Kurzak, welches im Rahmen der Untersuchungen für die Nord-Ost-Umfahrung für Freising 2009 angefertigt wurde, fuhren bereits 2008 täglich insgesamt 5.400 Fahrzeuge in das Gewerbegebiet hinein bzw. heraus. Eine Zählung von 2015 kommt auf eine Verkehrsbelastung von 7.150 Fahrzeugen. Diese Anzahl würde um 11,8 Prozent steigen – bei einer gleichzeitigen quasi Verdoppelung des Gewerbegebietes. Es lassen sich selbstverständlich nur schwerlich Prognosen erstellen, wie sich Verkehr bei einer Entwicklung der Clemensänger ohne Transgourmet entwickeln würde. Anstelle eines großen Unternehmens viele kleine anzusiedeln erscheint jedoch aufgrund dieser Betrachtung eher als nachteilig, da von den derzeit angesiedelten Unternehmen etwa das 8-fache des Verkehrs ausgeht im Vergleich zu einer Transgourmet-Niederlassung. Würde das Gewerbegebiet entsprechend des Bebauungsplans weiter entwickelt, so würden wiederum viele kleine Betriebe angesiedelt werden. Andererseits mag durchaus der Anteil des Schwerlastverkehrs bei einer entsprechenden Entwicklung geringer ausfallen. Derzeit jedoch ist das Gewerbegebiet in seiner momentanen Ausbaustufe bereits für ein Drittel des gesamten Verkehrsaufkommens auf dem Südring verantwortlich. Eine Ansiedlung von Transgourmet scheint vor diesem Hintergrund hinsichtlich der Gesamtbelastung als deutlich verträglicher. Der Anteil des Schwerlastverkehrs innerhalb des Gewerbegebiets liegt gemäß aktueller Zählung bei 270 LKW pro Tag. Transgourmet fiele hier mit weiteren 240 Bewegungen ins Gewicht. Auch diese Berechnungen lassen den Schluss zu, dass mehrere kleine Unternehmen zu einer höheren Belastung führen als ein großes.

Verkehrszählung Gewerbegebiet Clemensänger 2015

Darüber hinaus verkehrt der deutliche Großteil dieser Fahrzeuge außerhalb der Spitzenzeiten, was bei einer alternativen Verwertung des Gewerbegebiets nur äußerst schwerlich zu erreichen respektive festzusetzen wäre und der verkehrlichen Gesamtsituation in Freising sehr zugutekommt. Auch in Bezug auf das Schulzentrum Gute Änger sind die geplanten Verkehrszeiten (detailliert im kommenden Absatz erläutert) rein aus Sicht der Verkehrsbelastung im Stadtgebiet im Grunde positiv zu bewerten.

Fazit

Transgourmet bewirkt auf dem Südring einen zunehmenden Verkehr, insbesondere hinsichtlich des LKW-Aufkommens. Allerdings gilt es, die Auswirkungen nicht mit dem Ist-Zustand, sondern mit einem fiktiven, kleinteiligen, abgeschlossenen Gewerbegebiet zu vergleichen, wie es ansonsten vorgesehen wäre. Vor diesem Hintergrund sind die Auswirkungen durchaus positiv zu bewerten, da davon auszugehen ist, dass das Unternehmen weniger Verkehr (auch Schwerlastverkehr) verursacht als viele kleine Betriebe.

Emissionen

Unabhängig von dieser Bewertung sind selbstverständlich die Tages- bzw. Nachtzeiten, zu denen diese Fahrzeuge unterwegs sind und entsprechend eine erhöhte Lärm-Belastung im Gebiet bewirken, sehr umstritten. Entsprechend der Unternehmens-Website beginnt Transgourmet bereits um 2 Uhr nachts mit der Anlieferung, dies ist jedoch für einen Standort Freising nicht der Fall. Angeliefert wird unter der Woche zwischen 5 und 15 Uhr mit jeweils fünf Fahrzeugen pro Stunde. Ausgeliefert wird zwischen 4 und 6 Uhr mit jeweils 25 LKW, die zwischen 12 und 14 Uhr zum Betriebsgelände zurückkehren. Zusätzlich bringen Sonntag bis Freitag insgesamt 20 Fahrzeuge zwischen 13 und 22 Uhr Waren (z.B. Ultrafrischware). Samstags sind es 10 Fahrzeuge, die vom Gelände aus im Zeitraum zwischen 4 bis 6 Uhr ausliefern.

Eine erste Lärmuntersuchung, die nach Vorlegung der ersten Planungen durch von der Stadt Freising beauftragten Fachbüros angefertigt wurde, stellte fest, dass das Betriebskonzept von Transgourmet Überschreitungen der maximal zulässigen Geräuschimmisionspegeln an der nächsten Wohnbebauung an der Carl-Orff-Straße im Zeitraum von 5 bis 6 Uhr um 5 db(A) zur Folge hätte. Ansonsten wurden keine Überschreitungen festgestellt, jedoch die zusätzliche Warnung geäußert, insbesondere die benötigten Kühlaggregate auf möglicherweise bereits in den früheren Nachtstunden wartenden LKW könnten Quellen für störende Geräusche sein.

Da keinerlei Spielraum hinsichtlich der vorhandenen Geräuschimmisionskontigente gilt, stand von Anfang an fest, dass Transgourmet als Antragsteller im Vorhinein eine Lösung hinsichtlich dieser Problemstellung erarbeiten muss.

Ein Vergleich mit dem Flughafen, mit einem Nachtflugverbot, mit dem jahrelangen Kampf der Stadt gegen eine 3. Start- und Landebahn ist schon aus Gründen der unterschiedlichen Gesetzesgrundlagen eher heikel. Fakt ist, dass für jedes Bauvorhaben Grenzen hinsichtlich des maximal zulässigen Geräuschkontingents gelten, die immer einzuhalten sind. Transgourmet wurde hier in keiner Weise entgegengekommen. Andererseits ist eine Ablehnung ohne einen konkreten Verstoß gegen die zulässigen Emissionswerte nicht gerechtfertigt.

Fest steht jedoch ebenfalls, dass aufgrund des Nachtflugverbots im Zeitraum von 22 bis 6 Uhr der südliche Teil von Lerchenfeld weitestgehend von Verkehrslärm verschont bleibt. Vor diesem Hintergrund ist die Ansiedlung eines Unternehmens, welches bereits in den Nachtstunden den Betrieb aufnimmt, sicherlich kritisch zu hinterfragen.

Nach einer Verkehrszählung der Freisinger Mitte findet schon derzeit nachts Schwerlastverkehr im Gewerbegebiet statt. Zwischen 4 und 5 sowie 5 und 6 Uhr morgens waren es jeweils 11 bzw. 12 LKW, die in den frühen Morgenstunden den Anschluss zum Clemensänger-Ring passierten.

Verkehrszählung Gewerbegebiet Clemensänger 2016

Transgourmet jedenfalls passte seine Planung entsprechend den Auflagen der Stadtverwaltung an. Ladebuchten im Norden der Halle, die bereits in den frühen Morgenstunden zur Anlieferung genutzt werden müssen, wurden mit einer Einhausung versehen. Zur Auslieferung werden lediglich Ladebuchten auf der von der Stadt abgewandten Seite der Halle genutzt. Darüber hinaus wurde ein lärmgeschützter Wartebereich für gegebenenfalls zu früh aufkreuzende Fahrzeuge mit laufendem Kühlaggregat vorgesehen.

Aufgrund der erhöhten Verkehrsbelastung im Gebiet ist mit einer erhöhten Feinstaub-Belastung zu rechnen. Gerade in den bislang wenig belasteten Morgenstunden hätte eine Ansiedlung von Transgourmet sicherlich negative Konsequenzen. Entsprechen den Ausführungen im vorhergehenden Absatz jedoch gilt es, keinen Vergleich zur Ist-Situation, sondern zu einer möglichen alternativen Bebauung des Gewerbegebiets durchzuführen, welche aller Voraussicht nach eine insgesamt höhere Verkehrsbelastung mit sich brächte. Aus diesem Grund gab es seitens der Immissionsschutzbehörde keine Erfordernisse für weitere Gutachten bezüglich der Feinstaubbelastung (näheres zum Verkehrsaufkommen ist dem vorhergehenden Absatz zu entnehmen).

Trotzdem hat sich die Stadt Freising 2013 mit der Aufstellung eines umfangreichen Klimaschutzkonzeptes dazu entschlossen, Maßnahmen umzusetzen, die einer Verringerung des Schadstoffaufkommens im Stadtgebiet zugutekommen. Zwar kommt man anhand der obigen Vergleichsrechnung zu dem Schluss, dass ein Logistik-Betrieb keine Verschlechterung zu einem anderweitig ausgebauten Gewerbegebiet bedeuten würde, jedoch ist sicherlich zu hinterfragen, ob grundsätzlich der Schritt gemacht wird, ein Unternehmen anzusiedeln, dessen Geschäftskonzept darin besteht, Waren auf der Straße zu transportieren.

Darüber hinaus wird unter anderem als problematisch erachtet, inwieweit derzeit von Transgourmet kommunizierte Verkehrszahlen als bindend angesehen werden können. So stellt sich die Frage, ob und wie Verstöße gegen das im Bebauungsplan verankerte Betriebskonzept geahndet werden können. Rücksprachen mit anderen Kommunen, die negative Erfahrungen mit Logistik-Unternehmen hinsichtlich der vereinbarten Verkehrsbelastung gemacht haben, führten zu dem Schluss, dass eine bloße Festsetzung in einem Bebauungsplan nicht ausreichend ist. Insbesondere sei es erforderlich, ein klares Strafmaß bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgrenzen zu definieren und dies nicht nur im Bebauungsplan, sondern ebenfalls in einem dezidierten Durchführungsvertrag zu verankern. Die Erarbeitung eines solchen Vertrages wurde aus diesem Grund von der Stadt eingeplant.

Fazit

Transgourmet bewirkt ein erhöhtes Verkehrsaufkommen im Gebiet und von LKW geht insbesondere aufgrund der Kühlaggregate ein nicht unbeträchtlicher Geräuschpegel aus. Es gelten jedoch unabhängig von der Art einer Gewerbeansiedlung klare Regelungen und Richtlinien hinsichtlich der zulässigen Lärmgrenzen. Das Unternehmen plant einen großen Teil der Abwicklung auf der Südseite des Gebäudes. Ladevorgänge auf der Nordseite werden in den frühen Morgenstunden auf eingehausten Flächen geschehen. Mit einem Durchführungsvertrag will die Stadt Freising sicherstellen, dass sich das Unternehmen an die genannten Zahlen zum Verkehrsaufkommen hält.

Gewerbesteuer & Arbeitsplätze

Transgourmet ist eine GmbH mit Sitz in Riedstadt und selbstverständlich gewerbesteuerpflichtig. Entsprechend dem deutschen Steuerrecht wird die Gewerbesteuer bei vergleichbaren Unternehmen auf die einzelnen Betriebsstätten zerlegt und bemisst sich anhand der ausgezahlten Lohnsumme des jeweiligen Standorts. Richtig ist, dass eine Schweizer Holding-Gesellschaft existiert, jedoch kann hier Gewinn erst nach Steuern ausgezahlt werden. Ansonsten kann selbstverständlich aufgrund des Steuergeheimnisses (wie bei jedem anderen Unternehmen auch) sowie der Abhängigkeit zum individuellen Unternehmenserfolg keine eindeutige Aussage über die Höhe der Gewerbesteuer gemacht werden. Selbstverständlich können Unternehmen auch zwischen einzelnen Standorten interne Verrechnungen durchführen, allerdings gibt es keinen Grund, anzunehmen, dass Transgourmet keine oder sehr niedrige Gewerbesteuereinnahmen für die Stadt Freising verursachen würde.

Dem ist entgegenzustellen, dass freilich innovative Forschungs- und Entwicklungsunternehmen tendenziell prozentual deutlich höhere Gewinne einstreichen als Logistik-Unternehmen. Ebenfalls ist eine Verteilung von Gewerbesteuer auf mehrere kleine Betriebe in der Haushaltsplanung für eine Kommune insgesamt besser abschätzbar als auf wenige große. Andererseits ist jedoch fraglich, inwieweit solche Gewerbe in den kommenden Jahren im Gebiet angesiedelt werden könnten. Eine Stadtratsentscheidung für bzw. gegen Transgourmet ist vor diesem Hintergrund freilich eine Abwägung aus den bisherigen Erfahrungen mit der Vermarktung von Gewerbeflächen.

Hinsichtlich der beschäftigten Mitarbeiter macht Transgourmet klare Aussagen zur Anzahl und Art der Arbeitsplätze. Das Unternehmen befolgt ein dezentrales Standortkonzept mit einer eigenständigen Verwaltung pro Niederlassung. So würden in Freising 170 gewerbliche Mitarbeiter (Kraftfahrer, Kommissionierer, Gabelstaplerfahrer, Warenkontrolleure) und 115 kaufmännische Mitarbeiter (Fachberater, Sortimentsspezialisten, Disponenten, Abteilungsleiter, IT-Warenwirtschaftsspezialisten) sowie 15 Auszubildende arbeiten.

Fazit

Als deutsches Unternehmen ist Transgourmet in Freising selbstverständlich gewerbesteuerpflichtig. Das Unternehmen würde in Freising in ausgewogener Art und Weise gewerbliche wie kaufmännische Mitarbeiter beschäftigen. Sicherlich gibt es jedoch Unternehmensarten, die hinsichtlich des Gewerbesteueraufkommens sowie des Lohnsegments der Angestellten deutlich besser abschneiden würden.

Der Ablauf des Verfahrens

Im Herbst des vergangenen Jahres ist Transgourmet mit der Anfrage für einen Kauf der Flächen des Gewerbegebietes an die Stadt Freising herangetreten. Derartige Anfragen werden selbstverständlich zunächst nichtöffentlich im Stadtrat behandelt, da es sich um die Anbahnung von Rechtsgeschäften handelt und im Vorfeld, d.h. vor Abschluss eines Kaufvertrages, Privatpersonen sowie der Stadt Freising nicht durch Spekulationen über Grundstückspreise o.ä. Nachteile entstehen sollen. Bei dieser Abstimmung sprach sich die Mehrheit des Stadtrats grundsätzlich für eine Ansiedlung des Betriebs aus vorbehaltlich der weiteren Planungen. Über die Eckdaten des Betriebskonzepts sowie die Größe des Gebäudes waren die Stadträtinnen und Stadträte jedoch bereits unterrichtet.

In öffentlicher Sitzung des Ausschusses für Planen, Bauen und Umwelt am 2. September 2015 wurde die Thematik erstmals öffentlich diskutiert und dabei bereits die Ergebnisse erster Voruntersuchungen präsentiert. Der Tenor: Eine Ansiedlung ist möglich, die Auswirkungen hinsichtlich Ortsbild, Grünordnung, Artenschutz, Verkehr, Immissionsschutz und Entwässerung können befolgt werden, erfordern jedoch an einigen Stellen (z.B. Lärm) deutliche Nachbesserungen des Unternehmens am Betriebskonzept. Die Stadträte im Planungsausschuss beschlossen wiederum mehrheitlich eine Änderung des Bebauungsplans.

Ein Entwurf dieses Bebauungsplans wurde am 23. März 2016 im Ausschuss für Planen, Bauen und Umwelt vorgestellt. Dabei sprachen keine grundsätzlichen (z.B. baurrechtlichen) Dinge gegen eine Ansiedlung und der Ausschuss stimmte dem Vorhaben wiederum zu. Ein „Kippen“ der Entscheidung des Gesamtstadtrats, der sich klar für eine Ansiedlung des Unternehmens ausgesprochen hat, wäre ob der Tatsache, dass keine neuerlichen Fakten aufgetreten sind auch sicherlich nicht vernunftgemäß und auch gegenüber einem Bauwerber, der sehr viel Zeit, Geld und Vertrauen in den Planungsprozess hineinsteckt, nicht fair.

Die Entscheidung über eine Ansiedlung ist rein verfahrenstechnisch gesehen noch offen. Wie bei jedem Bebauungsplan können Einwendungen während der erforderlichen öffentlichen Auslegung ergehen, die vom Stadtrat und der Verwaltung abgehandelt werden müssen. Der politische Wille für eine Ansiedlung wurde jedoch bereits bekundet. Eine erneute Grundsatz-Abstimmung über eine Ansiedlung ist selbstverständlich nicht geplant. Über den tatsächlichen Grundstücksverkauf muss der Stadtrat in seiner Gesamtheit nochmals abstimmen, jedoch ist auch hier zu erwarten, dass bei vormaliger Zustimmung zum Projekt eine Ablehnung (noch dazu nach Abwicklung der Bebauungsplanänderung) nicht eintritt.

Die Stadtratsfraktion der Freisinger Mitte sieht das Projekt kritisch, steht dem Vorhaben jedoch mehrheitlich mit Ausnahme von Stadträtin Katrin Stockheim positiv gegenüber. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Stadt mehrere Ansiedlungen von großen Unternehmen im Stadtgebiet abgelehnt (z.B. BMW). Konkret im Clemensänger-Gewerbegebiet wollte sich bereits das IT-Unternehmen Amadeus ansiedeln, was vom Stadtrat aufgrund Unsicherheiten abgelehnt wurde. Amadeus wandte sich an Erding und gehört dort heute zu den größten Gewerbesteuerzahlern.

Die Stadt Freising profitiert von hohen und stetig wachsenden Einkommensteuereinnahmen. Der Gewerbesteueranteil fluktuiert sehr stark und ist nur schwer zu prognostizieren. Eine zusätzliche Einnahmequelle stellt für die Stadt die Entwicklung und der Verkauf von Flächen für Wohnen (z.B. Steinpark) und Gewerbe (z.B. Clemensänger) dar. Die 40 Stadträtinnen und Stadträte sowie der Oberbürgermeister der Stadt Freising haben die Entwicklung Freisings zu verantworten und müssen sich Jahr für Jahr mit der Finanzierung von Vorhaben auseinandersetzen. Es ist zu kurz gesprochen, zu proklamieren, der Innenstadtumbau ginge zulasten der Lerchenfelder Bürger, jedoch steht selbstverständlich und offenkundig bei der Entwicklung eines Gewerbegebietes der monetäre Ertrag für die Kommune im Vordergrund. Vor diesem Hintergrund, gilt es abzuwägen, welche Konsequenzen eine Entwicklung jeweils mit sich bringt. Im konkreten Falle von Transgourmet fand eine solche Abwägung statt. Letztlich überwog das Vertrauen, von dieser Entwicklung zu profitieren, und der Wille, ein jahrzehntealtes Gewerbegebiet größtenteils zu vollenden.

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